Eine Stimme gegen den antiaserbaidschanischen Medienkonsens
Thomas Fasbenders Beitrag „Der Fall Aserbaidschan“ (Berliner Zeitung vom 27. September 2023) zeigt, dass sich in der bisher einhellig aufseiten der armenischen Separatisten stehenden deutschsprachige Medienlandschaft etwas tut.
Fasbender kritisiert in seinem Beitrag explizit Meinungsäußerungen zum Karabachkonflikt durch den Grünen-Politiker Anton Hofreiter und den SPIEGEL. Der wesentliche Punkt von Fasbenders Beitrag ist der korrekte Hinweis auf die völkerrechtliche Legitimation des aserbaidschanischen Vorgehens in Karabach. Namentlich weist er in diesem Zusammenhang die absurde Gleichsetzung von Aserbaidschans Vorgehen gegen die Separatisten von Karabach mit dem verbrecherischen Angriffskrieg Putins gegen die Ukraine zurück.
Als einer der wenigen deutschsprachigen Journalisten unterschreibt Fasbender auch nicht blind die Propagandabehauptung, Aserbaidschan plane in Karabach einen „Genozid“ oder eine Vertreibung oder setze sie sogar bereits durch. Denn immerhin schreibt er: „Noch gibt es keine belastbaren Hinweise, dass die Regierung sich ihrer [des Genozids und der Vertreibung – M. R. H.] schuldig macht.“ Allerdings kann man aus dem „noch“ doch wieder Spuren genau jener antiaserbaidschanischen Voreingenommenheit herauslesen, der sich Fasbender in den übrigen Teilen seines Textes so klar und überzeugend entgegenstellt.
Pointiert legt Fasbender auch die islamophoben Untertöne in der deutschen Medienlandschaft bloss, die beispielsweise in der Bezeichnung Aserbaidschans als „muslimisch grundierte Alijew-Diktatur“ durch den SPIEGEL aufscheinen.
Es wird noch ein weiter Weg sein, bis sich in einer breiteren deutschsprachigen Öffentlichkeit ein faktenbasiertes und um Objektivität bemühtes Bild vom Karabach-Konflikt und seiner Geschichte durchsetzt. Das zeigt sich auch an einigen Stellen von Fasbenders Text. Wenn er beispielsweise von den angeblich 120 000 bis zur endgültigen Befreiung Karabachs dort lebenden ethnischen Armeniern als „Erben christlicher Fürstentümer“ spricht, sollte man das nicht so stehen lassen, da die Vorfahren der allermeisten Armenier Karabachs in diese Region in der Zeit der russischen Herrschaft, als es schon keine Fürstentümer mehr gab, eingewandert sind beziehungsweise umgesiedelt wurden.
Quellen
Fasbender, Thomas: Der Fall Aserbaidschan. Berliner Zeitung (27. September 2023): 14.