Aserbaidschanische und armenische Blicke auf den Konflikt
Aserbaidschanische und armenische Blicke auf den Konflikt
Am Ende des hier verlinkten BBC-Videos kommt der Aserbaidschaner Ėl´man Alijev zu Wort, der als „Vater eines gefallenen Offiziers Aserbaidschans“ (otec pogibšego oficera Azerbajdžana) vorgestellt wird (Minute 4 : 45ff.).
Man sieht ein Grab mit der Flagge Aserbaidschans und dem Foto eines jungen Mannes, offensichtlich ist es der gefallene Offizier.
Ėl´man Alijev erklärt: „Für uns, wissen Sie, ist ein şәhid [Märtyrer – M. R. H.] gleichsam nicht gestorben. Ich habe kein Recht, ihn zu bemitleiden. Das kommt vom Allmächtigen.“ (Dlja nas, šechid, ėto, znaete, on kak by ne umer. Žalet´ ego ne imeju prava. Ėto ot Vsevyšnego). Ėl´man Alijev bezieht sich hier auf das islamische Märtyrerverständnis, etwa nach Sure 3: 149 (siehe https://www.islamicity.org/quransearch/index.php?q=3%3A169).
Auf die an Ėl´man Alijev gerichtete Frage der BBC „Sind Sie bereit, mit (den Armeniern Karabachs) zusammenzuleben?“ (Vy gotovy vmeste s [armjanami Karabacha] žit´?), antwortet Alijev:
„Sich versöhnen? Aber natürlich doch! Es ist nicht so, dass ich ... Das wird auch so kommen. Das geht nicht so, dass man das ganze Leben lang einander nur Feinde ist. Nein! So oder so wird dort alles gut werden. Nur wäre es ohne diese Opfer besser gewesen.“
(Pomirit´sja? Nu konečno! Ne to, čto ja ... Tak i budet. Tak ne byvaet, čtoby vsju žizn´vragi i vragi. Net. V ljubom slučae tam vse budet chorošo. Prosto bez ėtich žertv lučše by bylo.)
In derselben Videoreportage kommen auch Armenierinnen aus Xankәndi als Audioeinspielungen zu Wort. Beide Frauen beschreiben die Situation übereinstimmend als „schrecklich“ (užasno). Wenn man das von ihnen Gesagte (Minuten 1:14ff. und 3: 16ff.) über die Situation in der Karabacher Stadt zusammenfasst, besteht es den Angaben der einen von ihnen zufolge aus „Gerüchten“ (sluchi) über eine bevorstehende Deportation, die andere sagt, dass es in Xankәndi Wasser und wenig Nahrung, dafür aber keinen Strom und kein Internet gebe.
Zugleich zeigt das Video das beeindruckende Arsenal an Drohnen, Panzern und anderen Waffen, die die Separatisten Karabachs nach ihrer Niederlage gegen die aserbaidschanische Armee zurücklassen mussten.
Das sind also die Erfahrungen, auf deren Grundlage, auch in der deutschsprachigen Presselandschaft, über eine Bedrohung durch einen „Genozid“ oder eine „ethnische Säuberung“ der Armenier Karabachs gesprochen wird.
Eine Gemeinschaft von bis an die Zähnen bewaffneten Separatisten, die mehr als 30 Jahre lang Territorien eines souveränen Staates illegal besetzt hatten, leidet im Wesentlichen unter Stromausfall und Internetmangel. Und die von den Separatisten 30 Jahre lang Angegriffenen, Getöteten und Erniedrigten sprechen von der Unvermeidlichkeit der Versöhnung.